Die Königsdisziplin auf See
Wer Boot fährt, sollte vor allem eins können: improvisieren. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern mit Fantasie und Geduld. Ob im technischen, handwerklichen, digitalen oder sogar medizinischen Bereich – es gibt kaum eine Herausforderung an Bord, für die nicht spontan eine kreative Lösung her muss.
👁️ Kristalle im Blickfeld

Dieses Jahr betrifft es unter anderem unsere Frontscheibe, die Alterungsschäden zeigt: 2018 (wie die Zeit vergeht😱) spendierten wir unserer Allure ein neues Verdeck mit einer speziellen Frontscheibe aus 1mm dickem Polycarbonat, die viele Vorteile bietet (z. B. hohe Schlagfestigkeit, klare Sicht, keine Parallaxen). Aber dieses Material ist auch anfällig für UV-Degradation.
Bei unserer ersten Testfahrt fielen uns unzählige kleine Mikrorisse auf, die wie Kristalle aussehen, sobald die Sonne darauf scheint. Wir recherchierten und beschlossen, die Scheibe zu tauschen, da es neben dem Verlust der optischen Klarheit auch zu einer Verschlechterung der mechanischen Festigkeit kommen kann. Und der Winddruck während der Gleitfahrt (ca. 22 kn) sowie bei Starkwinden ist gewaltig.
Wir hoffen auf unseren Segelmacher des Vertrauens in Lübeck, der das Verdeck anfertigte, bekommen jedoch auf die Schnelle (1. Mai, Feiertag, verlängertes Wochenende usw.) keine Hilfe🤨.
Gerade in der Frühjahrszeit sind viele Fachfirmen über Wochen hinweg ausgebucht, vor allem in Küstenorten an der Ostsee, wo gefühlt halb Deutschland sein Boot klarmacht. Dass wir jemanden gefunden haben, der kurzfristig einspringt, ist schon fast ein kleines Wunder – oder eben der Verdienst meines Captains und seiner Hartnäckigkeit:
Zufällig steht auf dem Hafengelände neben unserem Auto ein weiterer Segelmacher, den mein Captain sofort anspricht. Auch dieser kann uns leider auch nicht selbst helfen, da er nicht mit diesem Material arbeitet.
Aber er kennt da eine Firma, die das kann😃. Einige Telefonate werden geführt und so wird die Frontscheibe am kommenden Dienstag ausgebaut und am Abend wieder eingebaut – hoffentlich!!!
Bis dahin gedulden wir uns im schönen Heiligenhafen.
👁️ Ein Körnchen zu viel
Unsere Bordapotheke – mein „pharmazeutischer Werkzeugkasten“ – enthält vieles: Pflaster und Verbandsmaterial in jeder Größe, Tabletten, Tropfen, Salben. Aber eben nicht alles.
Denn als sich auf See bei meinem Lieblingscaptain ein fieses Gerstenkorn anmeldete – so eine dieser kleinen, gemeinen Entzündungen am Lidrand – war guter Rat teuer und die passende antibiotikahaltige Salbe rar🤭!
Was macht man also unterwegs auf hoher See😏?
Und es ist 1. Mai … Feiertag … Augenarzt in Urlaub … wie das halt so ist🤔..
🆘 Notfalllösung: Mein Captain geht in die medizinische WhatsApp-Sprechstunde zu unserem Lieblings-Doc Hans, der immer auf Empfang ist und erhält umgehend Hilfe😘.
So funktioniert moderne Bordmedizin: Ein kurzer Draht zum befreundeten Arzt in der Heimat, Ferndiagnose via Handyfoto!
Tausend Dank Hans, wenn wir wieder zuhause sind, revanchieren wir uns umgehend!
Zum Glück hatte auch noch eine Apotheke gleich in der Nähe am Marktplatz Notdienst.
Ein kurzer, fachlicher Dialog zwischen uns Apothekerinnen, und schon lag sie vor uns: die rezeptpflichtige Augensalbe.
Wir sind so froh, dass es das noch gibt in der heutigen Welt: Vertrauen, Vernunft und die Macht kollegialer Vernetzung.
💡Kein Licht am Kabel

Nach 22 Jahren treuem Dienst (Garantie ist grade abgelaufen🤣) hat sich dann auch noch die kleine LED-Kontrollleuchte an unserem 25m langen Landanschlusskabel verabschiedet. Kein Drama – das Boot wird trotzdem geladen, aber man merkt wieder mal: Nichts hält ewig.
Ein neues Ladekabel wurde kurzerhand online bestellt und direkt an die nächstgelegene Postfiliale geliefert. Zwei Tage später soll das gute Stück eintreffen – mit funktionierender LED, versteht sich.
Improvisation und moderne Logistik!
❌Voltmeter im passiven Ruhestand

Und weil’s so schön ist: Das Voltmeter hat plötzlich auch beschlossen, seinen Dienst einzustellen. Keine Anzeige mehr – einfach tot.
Zum Glück zeigen die Kontrollleuchten am Schalter brav weiterhin an, dass Spannung anliegt. Also alles halb so wild.
Der Austausch kommt auf die Winter-To-do-Liste.
Am Ende sind es genau diese improvisierten Momente, die das Leben an Bord so besonders und unvergesslich machen.